Corona-Tagebuch 29. März: Daten, Lehren, Unterschiede

Aktiv Ansteckende

Quo Vadis? Haben wir nicht immer in den Wissenschaften davon geträumt, dass uns irgendjemand für irgend etwas Nützliches braucht? Es ist sicherlich mühselig und Rückmeldungen kann ich mir nicht erlauben, weil dann 3000 Spams mühsam zu entfernen sind. Leserbriefe sind rationiert. Vielleicht spricht es sich herum, dass Denken auch ein Instrument ist, das man mit staatlicher Bezahlung über Jahrzehnte üben konnte. Das hilft bei einer Presse, die im rasanten Fall von den Tatsachen zur eigenen Moral ist.

Neueste Daten

Mit einiger Mühe und Gideon Schacht haben wir jetzt die ausführlichsten Daten vom Weltmarktführer der Corona Daten:  John-Hopkins Universität, erfasst. Es ist beschämend, wenn man dagegen die Daten vom RKI und der WHO von arcgis.com oder die chaotisch angeordneten Statistiken der EU nimmt.

Was uns am meisten interessiert ist die Frage, wie hoch die Anzahl der noch Ansteckenden ist und wie sie steigt oder sinkt. Noch ansteckend (active cases) sind alle, die sich infiziert haben abzgl. der gesund Gewordenen sowie der Todesfälle. Dann bleiben uns absurde Kurven über China erspart. Obwohl es dort kaum noch Infizierte gibt, wird es dort an zweiter Stelle geführt, weil die alles entscheidende Zeitdimension und die Gesundungen ausgeblendet werden. Wir hatten das bisher mit Kurven gezeichnet, die alle 7 Tage die vermutlich Genesene aus der Statistik entfernte. Mit den Genesungszahlen bei John Hopkins ist dies jetzt einfacher. Die Tendenzen werden mit der neuen Grundlage, die jeweils kumuliert die drei Datenreihen der Infizierten, Gesundeten und Gestorbenen benutzt, deutlich.

Wir haben uns dabei vergleichbare Länder herausgenommen, die eine hohe Anzahl von Infektionen haben, um zu sehen, wo wir lernen und was wir lernen können. Sollte man die Bevölkerungsgröße einbeziehen, wie es das RKI für die deutschen Länder tut? Für den Virus ist das Heimatland der geographische Bereich, in dem er leicht zirkulieren kann (dicht besiedelt) es aber nach außen schwerer hat, sich in andere Gegenden auszubreiten. Deshalb geht es nicht um China, sondern um Hubei, nicht um Italien, sondern die Lombardei, nicht um Frankreich, sondern die Ostregion, nicht um die USA, sondern um New York, Kalifornien und Louisiana. Großstädte sind ein Sonderfall.

Was sagt die folgende Grafik? Erst wenn die Kurve das Maximum erreicht hat, weil die Zahl der aktiven Fälle fällt, ist der Umschwung geschafft und es wird besser. Davon sind wir in Europa noch entfernt. China brauchte 7 Wochen. Bei uns wäre Anfang Mai. Ein Gleichgewicht des Schreckens kennt nämlich nur der menschliche Krieg, nicht aber die Epidemie. Sie steigt oder sie vergeht mit mehr oder weniger Toten.

Anfänglicher Anstieg der Infektionszahlen

  • Chinesen und uns ist es anders als den Südkoreanern ist es nicht gelungen, die Infektionszeit so zu strecken, um das Gesundheitssystem in Ruhe vorzubereiten. Warum schafften es die Koreaner? Weil sie China vor der Türe hatten und davon ausgingen, dass der Virus überspringt. Anders die Italiener. Sie waren wie Südkorea vor dem Rest der Welt infiziert und nicht darauf vorbereitet. Die USA folgen ihrem Negativbeispiel.
  • Warum explodiert die Zahl etwa drei Wochen, nachdem die ersten Fälle identifiziert wurden? Wahrscheinlich ist, dass die Ansteckungen überall schon vorher sich unbehandelt verbreiteten. Moderne Gesellschaften sind feige. Der Bomber hat das Schwert ersetzt. Sie gehen wie der Vogel Strauß davon aus, dass „was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“ und folgern weiter, „wenn ich‘s nicht weiß, ist es nicht heiß“. Das galt am Anfang auch für China, das nach SARS 1 die Epidemiepläne in der Schublade hatte und als Hauptproduzent auch das medizinische Equipment inkl. eines riesigen Potenzials an Medizinern (vor allem aus dem Militär) aus dem Rest des Landes herbeibeordern konnte. Nach sechs Wochen hatte man es verstanden und handelte sachgerecht autoritär.
  • Die USA, die den Chinesen die anfängliche Ignoranz jetzt vorwirft, ist dabei der schlimmste Staat. Sie haben Wissen und Vorbereitung aktiv verhindert. In Deutschland kann man dem RKI und den Fernseh-Virologen Ähnliches vorwerfen. Dass ich weiß, dass ich nichts weiß ist nach Sokrates die höchste Weisheit. Sie mögen Viren entdeckt oder verwaltet haben. Sie sollten aber aufhören, sich als Politiker zu äußern. Für den Krieg gegen Korona ist Angela Merkel besser.

Warum so wenig in Entwicklungsländern?

Die Entwicklungsländer haben wir nicht mitaufgenommen, weil sie mit ihren geringen Zahlen in unserem Diagramm nicht erkennbar wären. Warum ist es so?

  • Sind sie nur später dran und es kommt wie die WHO meint mit voller Wucht, weil sie zusammengepfercht und bildungsfern leben?
  • Die Afrikaner sagen, COVID19 sei eine „weiße Krankheit“ oder eine Krankheit der Reichen. Vielleicht haben sie recht und die alles entscheidende Dunkelziffer der asymtomaischen Fälle ist dort weit niedriger, weil die Menschen mehr Immunität aufbauen müssen, um die wenigen Jahre ihres Lebens zu schaffen. Immerhin sterben 50% an Infektionskrankheiten dort auch ohne Corona.
  • Sind sie zu jung für die Greisenepidemie? Das Durchschnittsalter in den ärmsten Ländern der Welt liegt zwischen 15 und 18 Jahren. Deutschland, Japan und Italien sind trotz unterschiedlichem Verlauf mit 42 Jahren recht gleich im Durchschnittsalter. Japan und Italien haben mehr Greise, aber sehr unterschiedliche Todesfallzahlen.
  • Die Mobilität ist geringer, weil sich die Armen das Reisen nicht leisten können. Allein 240.000 gestrandete Deutsche musste die Bundesregierung aus dem Frühjahrsurlaub zurückfliegen. Umgekehrt sind Italien und Spanien von Touristen durchsetzt und abhängig. Von den Urlaubsorten selber kommt keiner zu uns. Dass die Mobilität nach außen eine wichtige Größe ist, zeigt der Erfolg in Wuhan und Hubei mit der totalen Abschottung auch innerhalb Chinas. Aber auch der Inselstaaten wie Singapur, Japan, Hongkong, Malaysia, Indonesien, Cuba etc. Sie lassen sich schnell nach außen schließen. Sie haben keinen kleinen Grenzverkehr.

Was können wir von China lernen?

Die Chinesen haben zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation einen extrem kurzen Powerpoint Bericht unter dem Titel „Report of the WHO-China joint mission on COVID-19“ veröffentlicht. Wer etwas Englisch kann, sollte ihn lesen. Zuerst wird erklärt, was es ist und ganz klar, dass es aus Wuhan stammt. (Es gibt offiziell also keinen Propaganda Virus dafür aber bei Trump einen China-Virus). Dann finden wir teilweise überraschend:

  • Übertragung: Tröpfcheninfektion vor allem innerhalb der Wohnung.
  • Wer: jeder
    • Asymptomatische Fälle: scheinen gering zu sein auch aktuell aber gefährlich
    • Ansteckungszeit: Durchschnitt 5-6 Tage; bis 14 Tage max.
    • Schwere Erkrankung und Tod: wahrscheinlicher über 60
    • Vorsicht in Anstalten: erhöhte Ansteckungsgefahr
  • Öffentlichkeit:
    • Hände Waschen, bedecke den Mund, wenn Du nießt oder hustest.
    • Haltet das Wissen über Symptome wach.
    • Sozialen Abstand halten, adäquate Verhaltensweisen hierfür entwickeln.
    • Helft den Älteren
  • Chinesische Antwort.
    • Testen, Testen, Testen, schnelle Diagnose
    • Jeden Einzelfall zurückverfolgen
    • Aktive Mitarbeit der Bevölkerung erforderlich.
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