Corona-Tagebuch 13.04.2020 Corona auf Wanderschaft: Weltprobleme brauchen Weltlösungen

Der Corona-Virus verhält sich ähnlich wie andere Naturkatastrophen: er wandert von einem Ort zum anderen. Während Stürme und Riesenwellen dabei Energie abgeben und sich abschwächen, ist es bei Viren und Bazillen so wie bei Heuschrecken: sie nehmen aus einer günstigen Umgebung Energie auf und können damit immer stärker werden. Die Kurve der aktiven Fälle zeigt, dass bei nur wenigen Fällen die Kurve kaum ansteigt. Die Viren brauchen offensichtlich eine kritische Mindestmasse, bei der das exponentielle Wachstum einsetzen kann.

Kritische Masse in unberührten Gelände

Bei Erreichen einer absoluten Infektionsanzahl von etwa 4000 Infizierten in einem Land erfolgt das Wachstum für einen bestimmten Zeitraum weitgehend unabhängig von dessen Bevölkerungszahl und Bevölkerungsdichte. Dies mag daran liegen, dass es einigen Ländern wie auch China gelingt, eine befallene Provinz wie Ausland zu behandeln. Der Föderalismus in Deutschland ist hier auch hilfreich. Es mag daran liegen, dass es wie beim Waldbrand gleichgültig ist, wo dies erreicht wird.

Letztlich führt die erfolgreiche Abschottung doch dazu, dass sich die Energie des Virus verbraucht.  Es implodiert. Es kann sich aber vermehren, wenn er die Grenzen überwindet. Doch die Globalisierung der Epidemie zur Pandemie ist nicht das Problem. Es ist die fehlende globale Reaktion, die den Freiraum schafft. Oder kurz: hätten wir China sofort geholfen, wir hätten uns alle geschützt. Stattdessen gibt es Medien wie Präsidenten, deren Schadenfreude der Kindergartenreaktion ähnelt, nachdem der Brand, der aller bedroht, das erste Kind schon verletzt hat

Phasenverschiebung

Die kritische Masse und damit der Beginn der exponentiellen Verbreitung wurde in China am 30. Januar 2020 erreicht. In Südkorea und Italien passierte dies um den 8. März, Spanien am 14. März, Frankreich am 16. März. Dann folgten Deutschland, England und die USA nur wenige Tage später. Immer war dies der Start für eine neue Welle. Die Krise tritt also phasenversetzt ein und hat im späteren Verlauf eine Entwicklung, die dann auch mit der Größe des befallenen Landteiles zu tun hat, wenn  es mangels Vorbereitung dem Virus Kommunikationsdichte (Wuhan, New York, Mailand, Madrid) als optimale Nährlösung bietet. Es scheint so weiterzugehen. Am 12.April erreichten Brasilien (Sao Paolo) und Russland (Moskau) die kritische Masse. Südafrika, Indien, Pakistan folgen, jeweils zeitverzögert.

Kann man schon das Erreichen dieser kritischen Masse verhindern? Nein. Singapur und Neuseeland wurden als Beispiel genannt. Sie zeigen jetzt aber ebenso wie die Schweiz, dass es nur Verzögerungen sind. Die Kontrollmmöglichkeit setzt später ein. Ein Land ohne Viruserfahrung ist offen und lässt sich nicht so hermetisch abschotten und beschützen.  Sobald der Virus eingedrungen ist, geht es nur noch um das Wie des Umgangs mit seiner Verbreitung.

Virusfreiheit keine Alternative

An sich haben alle Epidemiologen von Anfang an auch gar nicht das Ziel verfolgt, ein Land vor dem Virus zu schützen. Sie haben von SARS und Ebola gelernt, dass die Epidemien sich selber durch die Bildung von Resistenzen in der ansteckbaren Bevölkerung schwächen. So wie man einen Waldbrand zzunächst dort löscht, wo das Feuer schon viel seiner potentiellen Nahrung verspeist hat, so war es leichter, den Befall in Wuhan anzugehen, als er schon unübersehbar und dabei scheinbar so bedrohlich war.

Doch das Verfahren war unpolitisch. Es  machte das Funktionieren der Bürokratie und nicht den Schutz der Opfer zum Ziel. Die Ausbreitung,  sollte sich so verlangsamen, dass der Nachtwächterstaat nachkommen konnte. Diese medizinischen Strategien ließen der Bevölkerung keinen aktiven Platz. Es ging um den Schutz der Regierung vor den Anklagen, man habe sich nicht ausreichend um die medizinischen Versorgungsmöglichkeiten gekümmert. Man wollte die Krankheit an die eigenen Aktionen anpassen. Dies führte dazu, dass in Brasilia, London, Washington und Minsk sogar die Hysterie These vertreten wurde.

Globale Viren brauchen internationale Antworten

China hat dies wohlweislich nicht getan, so dass die auf Hebei konzentrierte Kraftanstrengung von 1,3 Mrd. Chinesen zur medizinischen Bewältigung und die Separation der 60 Mio. Hebei-Bewohner auch voneinander Erfolg versprach. 4000 Ärzte wurden eingeflogen und so gesichert, dass davon keiner starb. Jeder hatte eine Maske, man baute in einer Woche ein Spezialkrankenhaus. Währenddessen verkündete man von Anfang an in Europa, man werde es medizinisch nicht schaffen. Man wollte politischen Handlungsdruck abwehren statt den Genius des “Wir schaffen es” noch einmal zu bemühen. Opfer wurden die armen Staaten wie Italien, das sorglos gemacht im Sansiro-Stadion eine Festtafel für den Coronavirus deckte. Reiche Staaten wie Deutschland, Niederlande, Schweiz hätten Italien, Spanien, Frankreich und England helfen und warnen können. Sie nämlich schafften die medizinische Versorgung auch beim Doppelten des chinesischen Befalls. Die anderen sind an ihrer self-fulfilling prophecy gescheitert.

Man hätte das Potenzial der EU jeweils konzentriert dort einsetzen können, wo die kritische Masse erreicht wurde. Doch man ging den umgekehrten Weg der Abschottung. Deutschland verhängte ein Ausfuhrverbot von medizinischen Geräten, die es  nicht einmal besaß, es lehnte die Eurobonds ab und drängte die anderen in die beschämende Rolle der Bettler. Italien wurde dadurch viel zu schnell der Corona-Nistplatz für den Rest der Welt. Die USA ist nun auch Opfer, treibt es aber selber mit der internen  Konkurrenz der Einzelstaaten ebenso. Man hortet Geräte, beschuldigt sich, politisiert die Pest. New York mit seinem Little Italy in Manhattan ist das Italien der USA.

Stärkt die WHO, helft den USA

Die globale Antwort kann nur über die WHO laufen. Dass die Bundesregierung sie stärken will, nachdem Trump der WHO den Krieg erklärt hat, ist weise. Man müsste noch mehr ihrer Mitglieder insbesondere China und Russland sowie Indien animieren, alle Hilfe für die neuen Brandherde über die WHO laufen zu lassen. Wissenschaft, Forschung, Versorgung könnte der Raffgier des Marktes entrissen und den USA ein wirklich altruistisches Hilfsangebot auf allen Ebenen bereitgestellt werden. Lässt man sie sich auf Dauer weiter ausschließen, so wird  sie auf die letzten Mittel zurückgeworfen, die ihr nach wirtschaftlichem und politischem Niedergang noch bleiben, um in der Welt gehört zu werden.

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