Mieter zu Eigentümern – Statt Geld Nutzerinteressen bündeln

Mieter seiner eigenen Wohnung – die eG & Co, KG

Art. 14 Abs. 2 Grundgesetz könnte für Mieter lauten: „Eigentum vernichtet“! Als Wohneigentum dient es nur denjenigen, die es nicht nutzen wollen. Für die Nutzer ist es zu teuer, aufwändig und unflexibel. Spekulation, Mietwucher, Überalterung der Bewohner, Gentrifizierung, extreme Wechselkosten, Ausschluss von Familien mit Kindern – das sind Merkmale des Wohneigentumsmarktes in den Gebieten, wo die Arbeitsplätze und die Lebensqualität liegt. Es sind heute die Falschen, die sich dies leisten können und es sind wieder die Falschen, die davon profitieren.

Vom Eigentum profitieren die Wohnungseigentümer, für die die Not der Wohnungssuchenden in 10 Jahren den Verkaufswert vervierfacht. Spekulanten sehen hier nach der Wertpapierkrise die lukrativste und sicherste Kapitalanlage, ohne sich mit Vermietung belasten zu müssen. Mitverdienen tun auch die Kommunen mit ihren stetig steigenden Grunderwerbssteuern, die Notare mit Gebühren, Banken mit extrem hohen Vorfälligkeitsentschädigungen im Hypothekenkredit und Grundstücksmakler, die die Hand bei jedem vom Arbeitsplatz erzwungenen Standortwechsel aufhalten. Alle zusammen fügen dem Kaufpreis pro Erwerb oder Verkauf ca. 30% hinzu.

Das alles hängt am individuellen Eigentum. Die Wirtschaft hat dies längst erkannt.[1] Sie überlässt es den juristischen Personen, diese Last auf ewig besitzen, von Wechselkosten verschont zu bleiben und viel besser herrschen, dritte ausschließen oder an sie übertragen zu können als wie der Fabrikherr des 19. Jahrunderts. Warum nicht auch die Mieter?

Doch stattdessen wird den Mietern der (Alp)Traum vom eigenen Heim mit Niedrigzinsen für Höchstpreise mit hoher Langzeitverschuldung schmackhaft gemacht. Der Rest der Massnahmen besteht aus Mieterrechten, die den Marktgesetzen trotzen sollen doch nur zur Umgehung auffordern.

Es ist Zeit für wirkliche Reformen. Man sollte sie wenigstens ausprobieren. Es geht um die Überwindung des historischen Gegensatzes zwischen Immobilieneigentümern und Nutzern aber ohne sozialistische Utopie. Die Vergesellschaftung von Grund und Boden (Art. 15 GG)  braucht kein Gesetz, sondern nur Wohnungsbaugenossenschaften, die mit staatlicher Unterstützung das Individualeigentum in gesellschaftsrechtliches Eigentum überführen und den Mietern kollektiv zum Selbstkostenpreis öffnen. Statt die WEG als Querulantenverein der Reichen anzupreisen, sollte die Effizienz des Gesellschaftsrecht genutzt werden..

Genossenschaften treten dabei als Zwischenerwerber von Wohnungen auf, bringen sie in eine KG ein und verkaufen den Mietern und Genossen Quadratmeter iherer Wohnung als Anteil. Es generiert Kapital für die Richtigen, blockiert Spekulation und ermächtigt statt zu schützen.

Das Projekt: Mieter kaufen ihr Haus

Vor 21 Jahren haben wir an einem Projekt in Rostock dies Modell entwickelt und 2007 in einem Gutachten im Rahmen des EXWOST-Programms der Bundesregierung präzisiert. Es geht darum, dass man Häuser oder Wohnungen, die als Vermögen in eine eG & Co, KG eingebracht werden, an Menschen vermietet, die zugleich die stimmberechtigten Mitglieder der Genossenschaft sind und als Kommanditisten kleine aber ausbaufähige Geldanlagen an ihren Wohnungen halten. Kollektiv sind die KG und damit die Nutzer Eigentümer, die auf Augenhöhe mit den Banken große Kredite halten und kapitalistischen wie gemeinnützigen Investoren die Chance bieten, Geld sozial verträglich, sicher und langfristig lukrativ anzulegen. In dem Buch „Mieter kaufen ihr Haus“ (1997) ist es beschrieben, in dem Gutachten im Rahmen des EXWOST-Programms der Bundesregierung Wohneigentum in Genossenschaften fortentwickelt. Es wurde mit Banken durchgerechnet, mit  WBKs und Bewohnerinitiativen diskutiert und sollte von einer Wohnungsbaugenossenschaft erprobt werden.

Doch die Widerstände vor allem in der Politik aber auch in den Genossenschaften waren extrem. Das Eigentum sollten sich weiterhin mächtige Vermieter mit reichen Selbstnutzern teilen. Für die anderen wollte man Schutzrechte, Wohngeld und sozialen Wohnungsbau möglichst am Stadtrand reservieren. Der unerschütterliche aber absurd gewordene  Glauben, dass man statt einer Wohnung das individuelle Wohneigentum an ihr braucht, um sich entfalten zu können, lebt fort.

[1] Vgl. Jeremy Rifkin, Access. Das Verschwinden des Eigentums. Warum wir weniger besitzen und mehr ausgeben werden. Campus-Verlag, Frankfurt/New York 2000

Dieser Beitrag wurde unter Wohnungsnot veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.